Eigentlich tut es mir ja gut meine Gefühle und Gedanken nieder zu schreiben, hier abzuladen. Dadurch ordnet sich so einiges wieder in meinem Kopf und ich kann vieles klarer sehen und ein gewisser Druck ist weg. Klappt meistens… Nach langem sitze ich jetzt hier und versuche meine Gedanken zu ordnen und aufzuschreiben, zu ordnen was in den letzten 2 Wochen passiert ist…..gar nicht so einfach.
Ich fange einfach mal an dem Tag an, als für mich gefühlt die Welt stehen geblieben ist und sich dann erst mal in die andere Richtung gedreht hat. Das betrifft meine große, erwachsene, flügge gewordene Erstgeborene. Nach einigen Tagen des Konflikts, mit eigenartigen Anrufen und Streitgesprächen die mich traurig, wütend und ratlos und auch besorgt zurück gelassen haben bekam ich am Mittwoch Nachmittag auf dem Weg zum Einkauf einen Anruf der besten Freundin von A., sie wüsste nicht mehr was sie machen sollte, A. wäre verschwunden, sie wüssten nicht wo sie ist, eine mehr als aufgelöste Stimme versuchte mir zu erklären was los ist. Ich habe nicht lange überlegt und habe nur gefragt wo sie sind und bin dort hin gefahren. Eine Gruppe von mehrern jungen Leuten mit ratlosen Gesichtern stand zusammen, eine aufgelöste H. kam mir entgegen und in mir schaltet sich sofort der Überlebensmodus ein, Ruhe bewahren, zu hören, keine Panik. Sie versuchte mir zu erklären was passiert war. Alle hatten bemerkt, dass mit meinem Kind was nicht stimmt, ein guter Freund wollte sie in die psyschiatrische Klinik bringen, er wusste ihr musste geholfen werden, dort ist sie weg gelaufen. Wohin…..war mir auf Grund des Treffpunktes eigentlich klar, wir haben uns in der Nähe eines alten Fabrikgeländes getroffen welches A. super interessant findet, welches aber riesig ist, einsturz gefährdet und auch unübersichtlich ist. Ich versuchte mir erst mal ein Bild von der Lage zu machen, bat die Freunde um Ehrlichkeit und es war schnell klar, dass Drogen im Spiel waren…..je mehr Zeit verstrichen war um so mehr machte sich innerlich Angst in mir breit, was soll ich tun. Ich habe T. angerufen, versucht nicht in Panik auszubrechen und uns beiden war klar, dass ich wohl die Polizei einschalten muss wenn wir sie nicht finden. Ich hatte praktisch die Nummer schon gewählt als sich einer der Suchenden gemeldet hat, dass er sie gefunden hat und zu uns bringt.
Minuten gefühlt Stunden vergingen als die zwei uns entgegen kamen und mir war sofort klar, dass da was ganz gewaltig nicht stimmt mit meinem Kind und wieder muss ich sagen, worüber ich mehr als dankbar bin schaltete ich sofort um, Ruhe bewahren, handeln und irgendwann kannst Du Panik haben. Ich habe sie direkt zu uns nach Hause gebracht, eine Fahrt die sehr beängstigend war, weil ich mein Kind nicht wieder erkannt habe. Eine völlig andere Person saß da neben mir, histerisch weinend, histerisch lachend, mit Wahnvorstellungen kämpfend, agressiv. Das volle Programm. Zu Hause habe ich sie als erstes unter die Dusche gestellt, ich hatte mir erhofft, dass ich sie damit zurück holen kann zu mir, mein Kind rann mir buchstäblich durch die Finger, ich konnte sie nicht einfangen, nichts half. Schnell wurde klar, dass wir nicht helfen können, ihre Augen waren in einer anderen Welt, sie selbst war in einer anderen Welt, Angst, Panik alles spiegelte sich in ihren Augen, sie zitterte am ganzen Körper und ich habe mir immer nur wieder gesagt, Katinka bleibt ruhig, bleib ruhig, alles wird gut……..wir brauchen HILFE. Mit einem Blick zu T. signalisierte ich, dass wir sie in die Klinik bringen mussten, J. übernahm das Betreuungsprogramm für Magnus, der auch nicht wusste was da gerade mehr als schief läuft und ich konnte A. dazu bewegen mit uns ins Auto zu steigen. Ich erklärte ihr, dass wir einen Arzt um Hilfe bitten. Sie hat nicht realisiert wo wir hin fahren, zwischen durch wollte sie aussteigen, fliehen. In der Klinik angekommen, mussten wir klingeln, was sagen, aber am anderen Ende hat wohl gleich jemand gemerkt, dass wir HILFE brauchen, Tür wurde geöffnet und schloss sich hinter uns…………eine Tür die nicht einfach wieder aufgeht……..Ein Arzt wurde gerufen, unendliche lange Minuten verstrichen, mit ihr an meiner Seite, panisch, verwirrt, verängstigt….. nach einem kurzen Gespräch mit dem Arzt wurde sie von diesem 3 mal gefragt, ob sie bleiben möchte, eine Frage die von entscheidendem Maße ist wenn sie mit Ja beantwortet wird, hat er uns später erklärt. Ein großer breitschultriger aber sehr lieber einfühlsamer Pfleger hat sie dann mit genommen, eine zweite Tür schloss sich hinter ihr und meine Welt brach zusammen. Ein riesen großer Scherbenhaufen türmte sich auf, gleichzeitig fühlte ich mich so unendlich hilflos wie noch NIE in meinem Leben. Mein Kind, meine Erstgeborene, mein Baby….weg geschlossen, ohne das ich helfen kann. der Arzt versuchte zu erklären, wollte wissen was passsiert war, nicht viel konnte ich ihm sagen, nur dass wir von Drogen Mißbrauch ausgehen und das was uns die Freunde anvertrauten.
zu Hause…….das war nicht mehr mein zu Hause wie es mal war, ich habe mich gefühlt als wenn ein Teil in mir abgerissen wurde……danach begannen Stunden, Tage die an mir vorrüber gingen wie in einem Grusel Film. Der Besuch in der geschlossenen Station am nächsten Morgen fühlte sich an wie an einem nicht realen Ort, ein Kind, eine Frau, eine Person mir gegenüber, die ich vor 20 Jahren in meinem Bauch getragen habe, auf die Welt gebracht habe, groß gezogen haben, behütet, beschützt…..sitzt vor mir und ich erkenne sie nicht. Das erste Gespräch mit der Ärztin bringt etwas Klarheit, ein klarer Moment in dem sie bruchstückhaft erzählen konnte was ungefähr passiert war…..Unwissenheit, Unsicherheit….wie geht es weiter…..Schritt für Schritt. Erst mal Ruhe, der Körper, das Gehirn muss zur Ruhe kommen. Eine Drogen injezierte Psyschose ???? Was bedeutet das, wie lange dauert so was, wird sie wieder gesund, was kommt auf uns zu, was kommt auf sie zu, wie geht es weiter ???????????????? Noch NIE war ich sooo hilflos.
Mehr kann ich noch nicht aufschreiben heute. Ein gewisser Weg liegt hinter uns, sie ist wieder zu Hause, untergeschlüpft bei meinen Eltern, weil eigentlich war ja alles anders geplant, aber wir, sie geht jeden Tag ein Stück weiter, zurück in ihre Welt, zurück zu uns. Wird es jemals wieder wie vorher, nein…..wird es wieder gut, ja, wird alles wieder gut, hoffentlich. Ein Teil meines Lebens ist zerbrochen, wird es wieder repariert….keine Ahnung……ich weiß es nicht ?? Keiner weiß das…irgendwann wissen wir es.
Namaste